Arbeitstagung MEMODICS+

Kulturelles Gedächtnis und Erinnerungsorte im sprach- und kulturdidaktischen Kontext

 Kurzbericht zur internationalen Arbeitstagung

23. bis 25. Mai 2014, Poznań

 Die nun schon dritte internationale Arbeitstagung der informellen Gruppe MEMODICS, die vom 23. bis 25. Mai 2014 am Institut für Angewandte Linguistik der AMU in Poznań stattfand, kann als gelungen bezeichnet werden. Ein erstes Arbeitstreffen hatte im Januar 2013 an der Universität Leipzig, ein weiteres im Februar 2013 an der FU Berlin stattgefunden.

Zu folgenden Themenschwerpunkten wurde in Poznań vorgetragen und angeregt diskutiert:

–        Erinnerungsorte im Kontext Deutsch als Fremdsprache und Deutsch als Zweitsprache – kulturwissenschaftliche, kultur- und fremdsprachendidaktische Zugänge und Fragestellungen

Dabei spielten u.a. die Einbettung des kulturwissenschaftlichen Erinnerungsdiskurses in die Diskussion um Geschichte und Landeskunde im Fremdsprachenunterricht, globale und transnationale Erinnerungsorte sowie migrationspädagogische und mediendidaktische Perspektiven eine Rolle.

–        Erinnerungsorte konkret: „Gedenken der mitteleuropäischen ,Revolutionen‘“ – Konzepte-Materialien-Medien-Methoden

Anhand des transnationalen Erinnerungsortes „Mitteleuropäische ,Revolutionen’” wurden Begrifflichkeit, Ziele, Medien und Materialien sowie mögliche Vermittlungsmethoden vor dem Hintergrund der Idee diskutiert, einen offenen Materialienverbund zu erstellen, der in verschiedenen Lernkontexten ausprobiert und evaluiert werden kann.

–        Erinnerungsorte in der akademischen Praxis

Aufgrund einer ersten Umfrage wurden grundsätzliche Schwierigkeiten und Chancen einer Thematisierung der Erinnerungskonzeption in germanistischen und DaF-Studiengängen in und außerhalb des deutschsprachigen Raumes diskutiert. Organisatorische, konzeptionelle, sprachliche und inhaltliche Aspekte standen im Mittelpunkt.

–        Das Konzept der deutsch-polnischen EO

Eine Mitarbeiterin des Zentrums für historische Forschung der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Berlin stellte das dort entstandene Konzept der „Deutsch-Polnischen-Erinnerungsorte“ und die bisher daraus hervorgegangenen Publikationen vor. Einen interessanten Aspekt bildete das am Zentrum koordinierte Projekt der „Modi Memorandi“ (zunächst nur Polnisch), das den bisherigen kulturwissenschaftliche Erinnerungsdiskurs auf anschauliche Weise zusammenfassen und für ein größeres Publikum zugänglich machen soll und dem daher aus kulturdidaktischer Perspektive Aufmerksamkeit gebührt. Als potentiell sehr fruchtbar (und notwendig) wurde daneben auch der Dialog zwischen den AutorInnen besagter Publikationen (meist HistorikerInnen oder KulturwissenschaftlerInnen) und deren NutzerInnen zu sein, darunter – nicht zuletzt – FremdsprachendidaktikerInnen.

–        MEMODICS reloaded – Perspektiven und Projekte

Abschließend ging es um Aspekte von Öffentlichkeitsarbeit, weitere Zusammenarbeit  und Projektplanungen.

Die Vortragenden und Diskutanten kamen aus Polen (Adam-Mickiewicz-Universität Poznań, Universität Łódź), Deutschland (Freie Universität Berlin, Universität Bielefeld, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Universität Leipzig, Zentrum für Historische Forschung der Polnischen Akademie der Wissenschaft in Berlin), Estland (Universität Tartu), Serbien (Universität Belgrad), Norwegen (Universität Trondheim) und Österreich (Universität Wien).

Als wichtige Ergebnisse des Treffens wurden u.a. folgende Punkte formuliert:

–        Benötigt wird eine umfassende Definition von Erinnerungsorten als Grundlage für die weitere Arbeit in integrativer Sprach- und Kulturdidaktik.

–        Der Aufbau einer fremdsprachlichen Diskursrelevanz sowie die thematische Anschlussfähigkeit an den Interessen- und Erfahrungshorizont von Lernenden müssen feste Bestandteile einer solchen Definition sein.

–        Erinnerungsorte im DaF-Bereich müssen globale und europäische Perspektiven berücksichtigen – eine DaF-Perspektive bedeutet nicht, dass es ausschließlich um „deutschsprachige Erinnerungsorte“ gehen kann. Die Auswahl konkreter Erinnerungsorte braucht allerdings immer eine Rechtfertigung.

–        Die sprach-und kulturdidaktische Perspektive auf Erinnerungsorte muss ausgebaut, differenziert und intensiviert werden, sie ist deutlicher als bisher als eine wichtige Stimme im kulturwissenschaftlichen Erinnerungsdiskurs einerseits und im fremdsprachendidaktischen Diskurs andererseits zu markieren. Die theoretische Diskussion muss fortgesetzt werden, ihre Position in einer fremdsprachlichen Landeskunde- und Kulturdidaktik ist genauer zu bestimmen, ebenso wie das Verhältnis des Erinnerungsdiskurses zu (ausschließlich) historischen Inhalten.

–        Wie in der Landeskunde-Diskussion auch, muss genauer zwischen Forschungsebene, Unterrichtsebene und Lehrebene unterschieden werden. Ziele, Inhalte, Medien, Materialien und Methoden sind diesbezüglich genau zu differenzieren.

–        Es sollten möglichst schnell konkrete Unterrichtsmaterialien zu immateriellen und grenzüberschreitenden europäischen Erinnerungsorten entstehen. Gedacht ist zunächst an eine Zielgruppe im akademischen Bereich (Aus- und Fortbildung von DaF-Lehrenden).

–        Anhand eines konkreten Materialienpakets sollte parallel dazu die Validität eines (gemeinsamen) didaktischen Konzepts in verschiedenen Lernendengruppen und in verschiedenen Lernkontexten getestet und evaluiert werden. Geeignet dafür scheint ein transnationaler (gemeinsamer) Erinnerungsort.

–        Unabhängig davon sollte an Materialienpaketen für Lehrende gearbeitet werden, auf deren Grundlage konzeptionelle und methodische Fragen diskutiert werden können.

Folgende konkrete Schritte sind geplant:

–        Die Ergebnisse und Diskussionen der Posener Arbeitstagung werden in einem Tagungsband veröffentlicht (Reihe „Posener Beiträge zur Angewandten Linguistik, voraussichtliches Erscheinungsdatum: Frühjahr 2015)

–        Im Frühjahr 2015 findet ein Arbeitstreffen an der Freien Universität Berlin statt, auf dem erste Erfahrungen mit einem gemeinsamen Materialienpaket im Mittelpunkt stehen sollen.

–        Ein weiteres Treffen folgt im Frühjahr 2016 an der Universität Bielefeld, hier soll in einem erweiterten Kreis nochmals auf konzeptionelle Fragen eingegangen sowie Unterrichtskonzeptionen, Erfahrungen und Materialien diskutiert werden. Grundlage dafür ist ein gemeinsamer Evaluationsbogen.

–        In unterschiedlichen Konstellationen werden Projektanträge vorbereitet. Angedacht sind u.a. Leseprotokolle zu grundlegenden Texten des Erinnerungsdiskurses in unterschiedlichen Studierendengruppen (AMU Poznań, FU Berlin).

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